Von Alexander von Parseval

Lieber Börsianer,

in den USA bahnt sich ein Gigantenduell historischen Ausmaßes an. Die Milliarden-Konzerne des US-Einzelhandels Amazon und Walmart prallen auf einander und ringen um die Vorherrschaft im Einzelhandel, sowohl online wie auch stationär. Tatsächlich sind sich beide Unternehmen in einer Art Hassliebe „zugetan“. Man bewundert und kopiert sich gegenseitig. Jede Seite hat etwas, was die andere Seite unbedingt haben will.

So ist Walmart der König des stationären Einzelhandels und erzielt einen jährlichen Umsatz von über einer halben Billionen US-Dollar. Kein Unternehmen der Welt schafft mehr Umsatz. Amazon wiederum beherrscht fast nach Belieben die Online-Welt. Allein in den USA holt sich man fast jeden zweiten US-Dollar der im Online-Shopping ausgegeben wird.

Diese strikte Trennung ist nun Geschichte. 2017 schluckte Amazon die Supermarktkette Whole Foods in den USA und verfügte plötzlich über 400 Filialen in den USA. Mehr noch: Gleichzeitig entwickelte man das Konzept der „Go Stores“. Diese Lebensmittelgeschäfte sind vollständig digitalisiert und barrierefrei. Hier gibt es keine Schlangen mehr an den Kassen, weil der Einkauf der Kunden automatisch und digital erfasst und abgerechnet wird. Bis 2021 möchte Amazon 3.000 solcher digitaler Ladengeschäfte in den USA eröffnen. Damit dringt das Internet-Unternehmen in das angestammte Revier des Platzhirsches Walmart ein.

Walmart schlägt mächtig zurück und eröffnet eigenen Online-Shop

Der Riese Walmart wankte, aber fiel nicht, sondern ging postwendend zum Gegenangriff über. Man startet einen eigenen Online Marktplatz namens Walmart.com. Dabei profitierte man natürlich zunächst von der eigenen und breiten Produktpalette sowie einer eigenen umfassenden Logistik-Infrastruktur. Nun bietet Walmart im Internet nicht einfach nur die eigene Produktpalette des stationären Geschäfts an. Nein, man machte es gleich ganz groß und öffnete den Marktplatz – genau wie Amazon – auch für externe Einzelhändler. Das ist übrigens der Unterschied etwa zum Online-Shop des deutschen Discounters Aldi, der im Internet ausschließlich unter eigenem Namen agiert.

Anfangs waren die Investoren skeptisch, schließlich startete Walmart als Online-Winzling in einen Markt, der definitiv nicht mehr jungfräulich war. Aber man überzeugte auf ganzer Linie und räumte Konkurrent für Konkurrent ab. Erst im vergangenen Jahr überrundete man gemessen am Online-Umsatz Apple. 2020 wird Walmart aller Voraussicht nach eBay abräumen. Und dann spürt Amazon den Atem des Konkurrenten im Nacken.

Walmart profitiert dabei von seiner schieren Kapitalkraft, die der Einzelhändler seit den 60-er Jahren aufgebaut hat. Im Folgenden habe ich für Sie die wichtigsten Zahlen der Kontrahenten gegenübergestellt.

Es ist unwahrscheinlich, dass Walmart gemessen am Online-Umsatz den Konkurrenten Amazon in den USA in den nächsten Jahrzehnten vom Thron stoßen wird. Im Ausland freilich hat Walmart teilweise bereits die Marktführerschaft übernommen, so etwa in Indien. Hier war der Kuchen noch nicht verteilt und Walmart startete aus einer günstigen Position ins Rennen. Inzwischen holt man sich hier über die Walmart-Töchter Flipkart, Jabong und Myntra 40 % des Online-Umsatzes. Aber Amazon India ist mit einem Anteil von über 30 % noch in Schlagweite.

Amazon hat allerdings noch eine ganz andere offene Flanke. So wildert Microsoft ungeniert im Cloud-Geschäft der Amazon. Erst jüngst holte sich das Software-Unternehmen einen Milliarden-Dollar Auftrag zur Betreuung der Cloud des US-Verteidigungsministeriums. Amazon hingegen schaut nun in die Röhre und hat fürs Erste die Marktführerschaft in der Cloud verloren.

Wie geht es nun weiter mit Amazon? Hat sich der Gigant möglicherweise verzettelt und wird nun zwischen Microsoft und Walmart zerquetscht. Das lesen Sie gleich in der bevorstehenden Hauptausgabe des RENDITE TELEGRAMM. Hier finden Sie alle Informationen, die Sie als Börsianer benötigen.

Mit freundlichen Grüßen

Alexander von Parseval

Chefanalyst Rendite Telegramm

P.S. Das darf nicht sein. Jetzt holen sich die Chinesen auch noch unsere besten Startups. Morgen lesen Sie in Börse am Mittag, warum der vielversprechende Medizintechniker EuroEyes mit Sitz in Hamburg in Honkong an die Börse gegangen ist. Dadurch sind uns hierzulande Millionen durch die Lappen gegangen.

Über den Autor

Alexander von Parseval entstammt einer alten französischen Bankiersfamilie, deren Stammbaum bis in die späten Jahre der Renaissance zurück zu verfolgen ist. Im 19. Jahrhundert hat seine traditionsreiche Familie die Banque Dupuy de Parseval mitbegründet und ist bis heute mit diesem Namen verbunden.